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Der Rücktritt von Köppel markiert eine Wende in der Schweiz


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    Das SVP-Halsband ist ihm schon lange zu eng geworden. Jetzt tritt der bei der Zürcher Bevölkerung beliebteste und bestens gewählte Nationalrat zurück.

    Der Zürcher Verleger und europäische Intellektuelle Roger Köppel nimmt nicht seinen Abschied aus der Politik, sondern stellt Distanz zur SVP her.

    Er will sich ganz dem Ausbau seiner “Weltwoche” widmen, die für gebildete Leser heute schon unersetzlich geworden ist.

    Die SVP hat damit einen ihrer bedeutenden Politiker verloren, der nach Christoph Blocher die Festzelte und Säle für das Parteivolk am besten füllte und die Menschen begeisterte.

    Das ist eine Schweizer “Zeitenwende”, die nicht unterschätzt werden sollte.

    Roger Köppel stellt damit klar, dass in einer rasch alternden SVP, wo die Milliardärsfamilien  Christoph Blocher, Magdalena Martullo-Blocher und Walter Frey den Ton angeben, nicht liberale Geister, sondern nur Mitglieder eines Hofstaats Platz haben.

    Anwälte, kleinere Bankiers, Unternehmensberater aller Art und noch mehr Lobbyisten.

    Die immer noch stärkste Partei der Schweiz lebt vom Beifall mittelständischer und kleiner Unternehmer. Vor allem aber von vielen Menschen, die Angst haben vor allem neuen.

    Sie sind Verfechter einer Retropie, einer Traumschweiz, wie es sie nie gab und nie geben wird.

    Die Angst vor dem Fremden, der Konkurrenz und einer Globalisierung, die alle alten Schweizer Strukturen zerreisst, treibt diese Menschen in das Netz der SVP.

    Roger Köppel ist im Begriff, dieses Netz zu zerreissen, denn die Freiheit sieht er anderswo.

    Wie verhärtet die Strukturen in der Blocher’schen SVP sind, zeigen die durch Bern wehenden Gerüchte.

    Von seinem Hochsitz an der Zürcher Goldküste aus lenkt er die Geschicke der SVP wie eh und je. Die höchsten SVP-Mandatsträger leihen ihm weiterhin willig ihr Ohr.

    So soll der Auftritt von SVP-Bundesrat Guy Parmelin in Brüssel, wo er die Verhandlungen der Schweiz mit der EU nahezu wortlos abgebrochen hat, auf eine direkte “ordre de mufti” aus Herrliberg zurückzuführen sein.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass es genau so war. Parmelin, der Winzer aus dem Waadtland, hätte alleine die Kraft nie gehabt, jahrelange Verhandlungen einfach so abzubrechen. Einen Auftrag des Bundesrates hatte er ohnehin nicht.

    Das war der Blitzschlag aus Herrliberg, die Vollendung der für Christoph Blocher siegreichen Anti-EU-Abstimmung aus dem Jahr 1992.

    Roger Köppel hat als Verleger der “Weltwoche” eine grosse Leistung vollbracht, wofür auch dem Tessiner Liberalen Tito Tettamanti gedankt werden darf, der den Einstieg Köppels in der “Weltwoche” möglich gemacht hat.

    Das Wochenmagazin, dem zu Unrecht der Ruf nachgeht, es sei von der SVP abhängig, war in seinem Wachstum genau wegen dieses SVP-Gschmäcklis in der Schweiz begrenzt.

    Geistig unabhängigere und die “Weltwoche” wirklich lesende Ausländer, vor allem Deutsche, greifen in wachsender Zahl zum Blatt, dessen Verleger, der die hochdeutsche Fremdsprache perfekt beherrscht, die neuen Leser begeistert.

    Das deutsch sprechende Europa – die Schweiz, Deutschland, Österreich, Liechtenstein und Luxemburg, aber auch Leser anderer Randstaaten – greift gerne zur Schweizer “Weltwoche”, weil vieles stimmt, das dort zu finden ist.

    Die Schweiz hat einen SVP-Politiker verloren, aber einen unabhängigen Intellektuellen gewonnen.

    Das ist dringend notwendig, denn mit einem Lukas Bärfuss (Ringier) und einem transsexuellen de l’Horizon (Tages-Anzeiger) machen wir keinen Staat.

    Warum ist dieser Schritt auch eine Zeitenwende für die Schweizer Politik?

    Für die Zürcherinnen und Zürcher, die Roger Köppel zweimal glanzvoll wählten, rund 200’000, verkörperte er die Hoffnung, im Land und in der SVP würde sich etwas ändern lassen.

    Jetzt wissen wir: Da ist nichts zu ändern. Die zu Linksgrün abgewanderten Staatsangestellten, Lehrer und Professoren verteilen den Kuchen, den die Altbürgerlichen bis vor zwanzig Jahren gebacken haben.

    Die Bürgerlichen, einschliesslich der Sozialdemokraten, suchen munter zu wirken, aber diese Scheinlebendigkeit kommt beim Volk nur wenig an.

    Zwei Drittel aller Stimmbürger bleiben bei Wahlen ohnehin zu Hause. Das ist die grösste Demonstration, welche die Schweiz kennt.

    Verlierer sind auf Dauer auch die Unternehmen, die in einem Land leben, wo ihre Freiheit immer mehr eingeschränkt wird.

    Der freiheitliche Ruf der Schweiz ist viel grösser als die traurige Realität. Es wäre also an den Unternehmern, die Parteien SVP, FDP und Die Mitte zu einem geschlossenen Vorgehen zu veranlassen.

    Aber wer sind diese Unternehmer? Vergessen wir die Schmidheinys, deren Firmenreich weitgehend zusammengebrochen ist.

    Vergessen wir Alfred Schindler, der seinen Aufzugkonzern zu retten sucht. Vergessen wir Peter Spuhler, dem der Ukrainekrieg schwer geschadet hat. Vergessen wir viele andere.

    Doch es gibt Hoffnung. Dieser Tage schrieb mir ein erfolgreicher Innerschweizer Unternehmer: “Roger Köppel und Lukas Hässig sind die beiden letzten glaubwürdigen Verleger, welche die Schweiz vorzeigen kann.”

    Köppel kann nun zeigen, was er kann, ohne SVP-Halsband. Hässig, von den höchsten CS-Spitzen angeklagt, muss glaubhaft machen, dass die Urteile seiner Leser über die Credit Suisse weitaus weniger schlimm sind als die Missstände, die dort herrschen.

    Wie die Familie Blocher Roger Köppels Rücktritt aus dem Nationalrat beurteilt, werden wir daran ablesen können, wie lange die Ems Chemie Holding noch das Kreuzworträtsel auf der letzten Seite jeder Ausgabe der “Weltwoche” finanziert.

    Sie bleibt für die Partei weiter wichtig, aber wohl kaum als Sprachrohr.

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    Author: Matthew Smith

    Last Updated: 1699132203

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